Tom Schmelzer: Beautiful outside my head forever
05.Nov. - 15.Jan. 2010
Vernissage: Do. 04.Nov. 2010, 19.00 Uhr

Ein lebensgroßer Pavian im Bischofsornat, der mit der einen Hand den Brokatmantel rafft, mit der anderen einen Seifenblasenspender schwenkt. Eine Maschine, die ganz langsam anderthalb Kilo kostbarer Perlen zu Staub zermahlt. Fingerdicke Regenwürmer, die sich auf einer schwarz lackierten Holzkiste winden und klopfende Geräusche von sich geben. Die Objekte und Installationen des Münchener Künstlers Tom Schmelzer haben etwas verstörendes, sie schockieren den Betrachter. Gleichzeitig faszinieren sie durch ihre elegante Ausführung. Hier will ein Künstler provozieren, zweifellos. Doch er tut es auf höchst unterhaltsame Art und mit präziser handwerklicher Finesse. Dabei geht es um ziemlich schwergewichtige Themen: Evolutionsgeschichte, Kapitalismuskritik und nicht zuletzt eine Analyse des selbstverliebten Kunstbetriebs. Mit der Pavian-Installation „Homo Bulla“ etwa bezieht sich Schmelzer auf den verspäteten Kniefall des Erzbischofs von Canterbury, der erst 2008 die Lehren Charles Darwins anerkannte. Bis dahin galt es in der anglikanischen Kirche offiziell immer noch als Ketzerei, wenn jemand behauptete, der Mensch stamme vom Affen ab. Gleichzeitig zitiert er mit den Seifenblasen ein Vanitas-Motiv des Barock, die Kristallkugel, die für Weisheit und die Fragilität des Lebens steht.

„Tom Schmelzer legt nicht den Finger in die Wunde, er geht gleich direkt mit der Faust aufs Auge“, schrieb die Süddeutsche Zeitung anlässlich einer Ausstellung im letzten Jahr. Und das war absolut positiv gemeint. Viel zu oft kommt politische Kunst ästhetisch weichgespült oder blutleer konzeptuell daher. Tom Schmelzer dagegen findet formal verführerische Ausdrucksmittel für komplexe gesellschaftspolitische Fragestellungen. Dabei scheut er sich nicht, Stellung zu beziehen. Und er spielt geschickt mit verschiedensten Nuancen des Humors: von feiner Ironie bis zur handfesten Zote.

Manchmal nimmt er sich auch andere Künstler vor. Während einige Werke indirekt die Arbeit von Zeitgenossen wie Damien Hirst oder Maurizio Cattelan zitieren, machen sich andere unverhohlen über die Verblendungsmechanismen des Kunstmarkts lustig. Sein Hut-Objekt aus 140 Skarabäus-Käfern – ein exzentrisches Memento Mori – ist auch eine eigenwillige Hommage an den kürzlich verstorbenen britischen Modedesigner Alexander McQueen.

„Ich verstehe die Aufgabe des Künstlers als die eines Übersetzers, der verschiedene Dinge zusammen bringt, die nicht zusammen gehören, der neue Erfahrungen schafft und dem Betrachter hilft, Einsichten zu gewinnen. So gesehen sind meine Arbeiten Modelle für die Wirklichkeit jener illusorischen Träume, die wir alle haben, oder für die dunklen Bereiche, die wir nicht sehen wollen“, sagt Tom Schmelzer über seine Arbeit. Dass bei aller konzeptuellen Strenge und intellektuellen Schärfe am Ende sinnlich erfahrbare Kunstwerke entstehen, die man nicht so schnell wieder aus dem Kopf bekommt, ist seine größte Stärke.

Tom Schmelzer wurde 1966 in München geboren. Er studierte Freie Kunst, Medizin und Philosophie in München, Oxford, Toronto und St. Louis und hat im Bereich Neurowissenschaften promoviert. Neben Ausstellungen im Deutschen Historischen Museum in Berlin, Haus der Kunst in München und dem Kunstverein Wasserburg, war er bereits 2007/2009 in Gruppenausstellungen bei WTC vertreten. Die Ausstellung „Beautiful outside my head forever“ ist Tom Schmelzers erste Einzelschau in Hamburg

<< back